Tatjana Hartmann-Odemer
Supervision Coaching Training
Tatjana Hartmann-Odemer
Supervision Coaching Training
Lagerkoller?!
Lagerkoller?!
„Corona“ hier, „Corona“ da – dieses Thema beherrscht zur Zeit unser Leben bis in die kleinsten Winkel, wie es scheint.
Ganz neue Herausforderungen kommen auf jeden einzelnen von uns zu. Kindergärten und Schulen sind geschlossen, Eltern arbeiten von zu Hause aus. Alle sind plötzlich ständig in den eigenen vier Wänden.
Spannungen stehen quasi auf dem Programm. Kein Wunder! Der emotionale Druck wächst ständig.
So viel Zeit verbringen wir nur selten auf engem Raum. Es sei denn, Sie sind schon lange in Rente und mit einem Wohnmobil unterwegs oder Astronaut. Dann dürfte Ihnen die jetzige Situation wenig anhaben.
Was kann helfen? Kann man sich bei den beiden oben genannten Gruppen vielleicht sogar etwas abgucken?
Fangen wir doch mal mit dem ganz banalen Dingen an. Wie kleiden Sie sich? Blöde Frage?
Ich finde nicht.
Viele Menschen brauchen klare Strukturen – dazu kann auch die Kleidung gehören. Natürlich sieht es niemand, wenn Sie noch im Schlafanzug am PC sitzen und dort arbeiten. Aber tut Ihnen das gut? Kommen Sie so in einen guten Arbeitsmodus?
Menschen, die schon länger von zu Hause aus arbeiten, empfehlen jetzt, sich auch zu Hause so zu kleiden, als wäre man im Büro. „Ziviler Freizeitlook“ wäre vielleicht eine Bezeichnung. Klar, die Krawatte müssen Sie nicht unbedingt umschnallen. Aber eine gemütliche Garderobe, die Ihnen signalisiert, dass jetzt keine Couch-Zeit ist, kann hilfreich sein. Probieren Sie es doch einfach aus. Sie können sich dann nach Feierabend immer noch in Ihren Homedress werfen.
Von der Kleidung zu den Arbeitsplätzen:
Mir hilft ein klarer und aufgeräumter Scheibtisch bei der Arbeit. Egal, wo ich arbeite.
Warum sollte ich also während einer möglichen Homeoffice-Zeit den Tisch mit privaten und beruflichen Dingen zustellen? Machen Sie „klar Schiff“.
Wenn Sie abends Ihren Arbeitsplatz aufräumen, ist es auch einfacher, einen Schnitt zu machen und in den Feierabend zu gehen. Zu groß könnte sonst bei dem ein oder anderen die Verlockung sein, doch noch einmal schnell für ein paar Minuten den PC anzuschmeißen, um noch schnell …..
Denn eins ist klar: Die Gesetze sind im Homeoffice nicht außer Kraft
Pausenzeiten und maximale täglich Arbeitszeiten gelten auch für die Dauer des Homeoffice. Also vergessen Sie nicht, hier auch auf die Uhr zu schauen. Es fällt manchmal gar nicht so einfach.
Stellen Sie sich einen Wecker für Ihre Pausenzeiten und auch für den Feierabend.
Gehen Sie in der Mittagspause vielleicht gerne spazieren? Vielleicht fehlen Ihnen auch manche Kollegen. Verabreden Sie sich doch zu einem „gemeinsamen Spaziergang“ auf Distanz. Sie rufen sich gegenseitig an und klönen, wie sonst in der Mittagspause und jeder ist bei sich zu Hause oder geht „mit einem Knopf im Ohr“ spazieren. So bleiben Sie auch während der Zeit in Kontakt. Das kann auch ganz hilfreich sein, um nicht in ein paar Wochen zu „fremdeln“, wenn Sie sich wieder im Büro sehen.
Telefon-Spaziergänge können Sie auch mit Ihren Freunden machen.
In meiner Praxis biete ich zum Beispiel „Walk & Call“ an – auch schon vor „Corona“.
Und was mache ich mit den Kindern?
Als wäre Homeoffice nicht schon genug Herausforderung! Mit Kindern kommen noch weitere Herausforderungen hinzu.
Arbeiten Sie zu zweit von zu Hause aus? Müssen Sie gleichzeitig arbeiten oder ist es möglich, dass Sie sich abwechseln, so dass einer von Ihnen auch Zeit für die Kinder hat?
Das sind Dinge, die Sie vorher auch schon absprechen mussten. Betreuungszeiten. Diese Kompetenz können Sie nun auch nutzen.
Müssen Dinge im Haushalt neu aufgeteilt werden? Ganz sicher sogar.
Was können Sie denn unter Umständen „vorarbeiten“? Können Sie vielleicht für ein paar Tage vorkochen? Einfrieren etc.? Gibt es Gerichte, bei denen Sie die Kinder mit an Bord holen können und diese damit auch beschäftigen und ihnen auch noch lebensnotwendige Dinge beibringen können?
Was können Sie auch positiv aus dieser Zeit mitnehmen? Wann ist es Ihnen außerhalb der Ferien schon einmal gelungen, so oft miteinander zu essen?
Wie kann ich einem Lagerkoller entgegenwirken?
Versuchen Sie, mit den Kinder viel nach draußen zu gehen.
Entdecken Sie alte Spiele wieder neu: Seilspringen, Gummitwist, Himmel und Hölle Murmeln, .... Sie finden hier im Netz sicher ganz sicher viele Anleitungen für Spiele im Freien oder Sie erinnern sich einmal an Ihre Kinderzeit zurück.
Vielleicht können Sie sich auch hier abwechseln, so kann ein Elternteil die Zeit vielleicht auch für sich nutzen und ein paar Momente alleine sein. Sie haben jetzt gerade so viel Familienzeit, dass es gut sein kann, wenn Sie sich so einmal auch Zeit für sich alleine schaffen.
Nutzen Sie diese Zeit dann für etwas Schönes.
Achten Sie darauf, dass Sie nun nicht alle Familienregeln über Bord werfen. Die haben Sie nicht umsonst eingeführt. Außerdem bietet das Sicherheit. (siehe auch meine Gedanken zu „Kinder und Corona“)
Jetzt haben Sie vielleicht eine Idee, was Sie mit den Kindern machen können. Aber … was machen Sie denn jetzt mit Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin?
Partnerschaften können nun zu einer echten Belastungsprobe werden.
Die wenigsten von uns sind es gewohnt, dauerhaft auf engem Raum zu leben. Selbst die oben beschriebenen Rentner mit Wohnmobil haben nicht diese Einschränkungen, die wir nun mitunter erleben.
Da können uns höchstens Erfahrungen von Menschen auf kleinen Schiffen bei einer Weltumsegelung oder von Astronauten gut helfen.
Ganz klar, es ist nicht mehr einfach, dass individuelle Bedürfnis nach Nähe und Distanz so ohne weiteres zu befriedigen. Menschen, denen das zu (sogenannten) normalen Zeiten schon schwergefallen ist, die werden jetzt ihre große Not haben.
Vielleicht nehmen Sie plötzlich Verhaltensmuster bei Ihrem Partner wahr, die Sie noch gar nicht gekannt haben. Von denen Sie aber sehr schnell sagen können, dass Sie diese nerven.
Vereinbaren Sie auch hier, wie Sie gemeinsam gut damit umgehen. Vor allem, wenn Ihr Bedürfnis nach Nähe und Distanz nicht zu jeder Zeit gleich stark in dieselbe Richtung ausgerichtet ist.
Überlegen Sie, wie Sie es schaffen können, dass Sie auch Zeit für sich alleine haben.
Wenn Sie beide im Homeoffice arbeiten und die Möglichkeit haben, räumlich getrennt zu arbeiten, tun Sie das ruhig. Das ist im Alltag ja auch so.
Haben Sie nicht den Anspruch an sich, dass Sie nun 24/7 bei einander sein müssen und sich glücklich anlächeln. Das kann nur schief gehen.
Wie stellt man eigentlich eine gute Nähe her, wenn alle von Abstand sprechen?
In Eheberatungen empfehle ich Paaren manchmal, jeden Tag bewusste Gesprächszeit einzuplanen: jeder erzählt 10 Minuten und redet über Dinge, die ihn bewegen. Der andere hört zu. Liest sich leicht. Ist es aber nicht. 10 Minuten empathisch zuhören ist gar nicht so einfach. Sie dürfen nur Verständnisfragen stellen. Keine Kommentare oder Diskussionen beginnen. Nach 10 Minuten wechseln Sie.
In der Gewaltfreien Kommunikation könnte man dann noch so weit gehen, sich etwas vom Anderen zu wünschen.
Als echten Wunsch! Also einen, der nicht erfüllt werden muss. Warum macht man das dann? Zum einen werden einem selber die Bedürfnisse klar, zum anderen weiß Ihr Gegenüber, was Sie brauchen und hat nicht das Gefühl, für Ihr Wohlergehen verantwortlich sein zu müssen.
Wenn Sie merken, dass Sie sich gegenseitig auf den „Keks“ gehen und sich ein Streit anbahnt, thematisieren Sie das.
Sagen Sie, dass Sie sich nun für ein paar Minuten zurückziehen.
Diese Dinge handeln Sie am besten in den guten Momenten aus.
Vielleicht wird in dieser Zeit der ein oder andere seine Partnerschaft noch einmal komplett überdenken, infrage stellen und zu dem Schluss kommen, sie nicht mehr weiterführen zu wollen. Auch das kann passieren.
In Krisen zeigt sich eben vielmehr, wie und ob Partnerschaften und andere Systeme funktionieren. Das, was jetzt zutage kommt, wäre früher oder später sowieso zutage gekommen.
Was ist mit Ritualen und Tagesabläufen?
Menschen mit depressiven Verstimmungen hören immer wieder, sie sollten ihrem Tag eine Struktur geben, da dies sehr hilfreich sei. Ja, das ist es auch.
Auch mit Kindern stellen Sie sehr schnell fest, dass feste Strukturen Sicherheit geben. Daran ändert nun auch „Corona“ nichts.
Und dennoch gebe ich zu bedenken, dass nicht alles, was im normalen Alltag Sinn macht, jetzt auch noch sinnvoll ist. Bleiben Sie also hier Ihr eigener Herr und schauen Sie, welche Flexibilität jetzt notwendig ist, um Dinge zu verändern.
Es bringt alles nicht, wenn Sie Ihre komplette Energie in die Aufrechterhaltung von Abläufen pumpen. Dann bleibt nichts mehr.
Routinen, Rituale und Abläufe können durchaus hilfreich sein. In den Tag hineinzuleben ist nicht ganz unkritisch zu betrachten.